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Schwarze Schwäne in der Geldanlage – über den Umgang mit Risiken, Teil 1 Farbenlehre

SCHWARZE SCHWÄNE IN DER GELDANLAGE
Über den Umgang mit Risiken, Teil 1 Farbenlehre

Das Anlegerrisiko und die Angst, das investierte Geld zu verlieren,
treibt viele meiner BlogleserInnen um.
Davon zeugen deren Fragen dazu, ein paar Beispiele:

  • Wann kommt es zum Platzen der Immobilienblase in Deutschland? (Gegenfrage: Haben wir denn überhaupt eine Immobilienblase?)
  • Wann bricht der Euro zusammen bzw. die Eurozone auseinander?
  • Wann kommt es nach rund zehn Jahren Aufschwung an den internationalen Aktienmärkten zum (unvermeidlichen) Crash?
  • Wann platzt die Bondblase?

Die Antwort auf diese und ähnliche Fragen kennt – wenn wir ehrlich sind – niemand. Jedoch können wir uns als Anleger damit auseinandersetzen, uns auf solche Risiken einstellen und deren Wirkung für uns persönlich mildern.

Und wir können unsere Anlagen so strukturieren, dass wir nachts ruhig schlafen und unsere Sorgen und Gedanken auf wichtigere Themen richten können (zum Beispiel Gesundheit, Glück und guten…).

Oft ist die Angst vor diffusen Risiken groß und wird bei nüchterner Betrachtung der Risiken kleiner. Daher empfehle ich stets zwei Fragen: Was ist das Schlimmste, was passieren kann (worst case)?

Und:

Kann man die Risiken einteilen?

Bei dieser zweiten Frage nach der Einteilung der Risiken möchte ich Ihnen eine Systematisierung, eine Hilfe mit an die Hand geben.

Man kann Risiken, also auch Anlagerisiken zunächst einmal in bekannte und unbekannte Risiken einteilen. Seit dem bahnbrechenden Buch „Der schwarze Schwan“ von Nassim N. Taleb (Link zum Verlag https://www.randomhouse.de/Buch/Der-Schwarze-Schwan/Nassim-Nicholas-Taleb/Knaus/e473107.rhd) wird die Metapher von Schwänen unterschiedlicher Farbe für die Einteilung von Risiken verwendet.

 

Weiße Schwäne

Bekannte Risiken werden auch als „Weiße Schwäne“ bezeichnet. Es sind Risikoursachen, die bereits in der Vergangenheit mindestens einmal aufgetreten sind – z. B. ein Aktiencrash am Ende einer Hausse und der jähen Ernüchterung nach überzogener Euphorie breiter Anlegerschichten.

Gegen Risiken vom Typ „Weißer Schwan“ gibt es i. d. R. eine Fülle von Gegenmaßnahmen oder Vorkehrungen des Risikomanagements. Beispiele des Alltaglebens wären Brandschutztüren und Feuerlöscher oder die Anti-Schleuder-Software ESP beim Auto. In der Anlegerwelt sind hier Instrumente des Risikoausgleichs (Währungs- oder Kurssicherung, Hedging) gute Beispiele.

Ein schlechtes Gegenbeispiel wäre die radikale Vermeidung des wahrgenommenen Risikos – was regelmäßig zu einem anderen, neuen Risiko führt. Über 2,2 Billionen Euro (bitte die Nullen mitzählen: 2.200.000.000.000 Euro) nahezu zinsfrei „angelegte“ Mittel auf Einlage- und Termingeldkonten der Deutschen stehen für dieses schlechte Beispiel.

Doch zurück zu den Weißen Schwänen: Trotz der Möglichkeiten des Risikomanagements können Weiße Schwäne sehr ernste Risiken darstellen. Leider gilt keineswegs „Gefahr erkannt – Gefahr gebannt“.

Denn erstens gibt es viele bekannte Risiken, gegen die es überhaupt keine oder keine sicher wirkenden Gegenmaßnahmen gibt (denken Sie nur an bekannte, aber unbehandelbare Krankheiten oder extreme Naturkatastrophen). Zudem können Weiße Schwäne fahrlässig ignoriert oder nicht ernst genug genommen werden. Und schließlich können die Maßnahmen eines wirksamen und/oder vollständigen Risikomanagements schlichtweg unpraktikabel oder zu teuer sein. Wer alle bekannten Risiken zu meiden sucht, ist lebensunfähig, wer sie zu versichern sucht, wird „mit Sicherheit arm“.

 

Schwarze Schwäne

Das logische Gegenteil zu Weißen Schwänen sind die sogenannten „Schwarzen Schwäne“, d. h. Risikoursachen, die vorher noch niemals eingetreten waren und damit außerhalb des Denk- oder Vorstellungsvermögens der meisten Menschen liegen. Ein gutes, wenn auch trauriges Beispiel war die Art des Terrorangriffs auf das World Trade Center am 11. September 2001. Die Sicherheitsbehörden überprüften zu diesem Zeitpunkt zwar Flüge, die vom Ausland in die USA gingen extrem akribisch. Nicht jedoch reine Inlandsflüge. Offenbar lag es außerhalb der Vorstellungskraft, dass eine vollgetankte Maschine eines Inlandsflugs als Waffe/Brandbombe missbraucht werden kann.

Erst nachdem das Risiko vom Typ „Schwarzer Schwan“ einmal eingetreten ist, wird es zum Typ „Weißer Schwan“ und damit dem Risikomanagement zugänglich. Im obigen Beispiel: Prüfen die Sicherheitsbehörden die Passagiere von Inlandsflügen ebenso akribisch wie bei Auslandsflügen, so wird eine Wiederholung eines exakt identischen Terroranschlages wie beim 9/11 2001 – von Fehlern abgesehen – unmöglich sein.

Auf die Finanzwelt übertragen, lassen sich Crashs oft auf Risiken des Typs „Schwarzer Schwan“ zurückführen. Als Beispiel soll lediglich die Finanzmarktkrise der Jahre 2007-2009 – auch als „Subprime Krise“ bezeichnet – dienen. Die Krise, die zu massiven Einbrüchen aller großen Börsen der Welt und einer ernsthaften Gefährdung der weltweiten Finanzmärkte führte, ging von dem Platzen der US-amerikanischen Immobilienblase aus. Als Folge kam es zunächst zum Zusammenbruch des Marktes verbriefter Immobilienkredite. Dieser – recht enge und begrenzte Markt strahlte jedoch – ganz wie beim Dominospiel – bald auf die Aktien- und Anleihemärkte über. Bei der späteren Aufarbeitung der Krisenursache musste der ehemalige und langjährige FED-Chef, Alan Greenspan eingestehen, dass er es in seinem langen Berufsleben noch nie erlebt habe, dass ein Finanzmarktcrash vom Immobiliensektor ausgelöst wird. Heute wissen wir es besser und aus dem Schwarzen Schwan ist ein Weißer Schwan geworden. Mit anderen Worten: aus dem unbekannten Risiko ist ein bekanntes Risiko geworden.

 

Graue Schwäne

Es gibt jedoch oftmals keine scharfe Trennlinie zwischen Weißen Schwänen und Schwarzen Schwänen. Vielmehr gibt es einen unscharfen Übergangsbereich dazwischen, in dem die sogenannten „Grauen Schwäne“ leben.

Dies sind prinzipiell bekannte Risikoursachen, deren Eintritt oder Auswirkung jedoch unterschätzt oder ignoriert wird.

Beispielsweise warnen einige Marktbeobachter davor, dass ein schweres Erdbeben in Tokio, welches zu einem Totalausfall der dortigen Börse führen würde, einen weltweiten Kollaps der Finanzmärkte auslösen könnte. Da das – prinzipiell bekannte – Risiko jedoch als wenig wahrscheinlich betrachtet wird, besteht offenbar keine ausreichende Motivation, es zu vermeiden. Vielleicht tritt das Risiko niemals ein. Aber wenn es eintreten wird, kenne ich schon die Akteure, die in der Öffentlichkeit für sich reklamieren werden, schon immer davor gewarnt zu haben.

Ganz aktuelle Graue Schwäne unserer Tage sind z. B. ein möglicher Atomschlag Nordkoreas, das Auseinanderbrechen der Eurozone als gemeinsamer Währungsraum oder ein Crash des chinesischen Immobilienmarktes, der angesichts der enormen Verschuldung privater Investoren ebenfalls zu Dominoeffekten führen könnte.

Zu den Grauen Schwänen kann man auch diejenigen Risiken zählen, die vor längerer Zeit bereits einmal eingetreten sind, von vielen heutigen Entscheidungsträgern bzw. Akteuren an den Finanzmärkten entweder erfolgreich verdrängt oder auch nicht persönlich erlebt wurden. Das periodische Auftreten von Aktiencrashs nach vorausgegangen Euphorie-Phasen ist so ein Fall. Nach einigen positiven Jahren, die überwiegend von Kurssteigerungen geprägt waren, gibt es eine ganze Anlegergeneration, die keine persönliche Erfahrung mit starken Kursrückschlägen gemacht hat.

 

Goldene Schwäne

Nach der Unterscheidung der drei Klassen von Risikoarten soll jedoch der Chancenfokus nicht ganz vergessen werden. Es gibt auch Goldene Schwäne.

Hierunter werden unerwartete positive Wendungen oder Ereignisse verstanden. Im Alltagsleben wären dies ungeplante Glücksfälle, die überhaupt nicht im Lebensplan des Betroffenen vorgesehen waren. Der schlecht bewirtschaftete Kartoffelacker wird ganz überraschend zum Bauland und durch den überraschenden Unfalltod des Vorgesetzten erhält eine Mitarbeiterin die Karrierechance ihres Lebens.

Auch bei der Geldanlage gibt es solche Goldenen Schwäne, Und zwar erheblich häufiger als erwartet.

Als Beispiel sei nur die Situation vieler Kleinanleger der VW-Aktie genannt, als diese – inmitten der Finanzkrise – in schwindelerregende Höhen stieg. Der Volkswagenkonzern wurde für ein paar Tage zum teuersten Unternehmen der Welt und tausende Kleinaktionäre über Nacht zu reichen Menschen. Des einen Leid, des anderen Freud… Zum Schmunzeln lesen Sie das goldige Kapitel 55 „Goldener Schwan“ in meinem Buch „Einfach genial entscheiden – Die 55 wichtigsten Erkenntnisse für Ihren Erfolg“.

 

Vier Farben von Schwänen  =  vier Arten von Risiken

Die Unterscheidung der vier Farben von Schwänen hilft Ihnen enorm, um mit unterschiedlichen Arten von Risiken umzugehen, Ihre gesamte Risikoposition zu erkennen und – als notwenigen Ausgleich – auch die Chancen zu erhalten.

Wie Sie das tun, erfahren Sie im zweiten Teil dieses Blogbeitrags am nächsten Freitag.

 

Haben Sie noch einen Schwan in anderer Farbe entdeckt, der hier noch nicht erwähnt wurde? Dann schreiben Sie mir einen Kommentar, ich bin gespannt wie eine Schwanenfeder!

Und teilen Sie gerne diesen Blogbeitrag.

Herzliche Grüße
Hartmut Walz
Sei kein LeO!

 

Erschienen am 23. Februar 2018.

6 Gedanken zu „Schwarze Schwäne in der Geldanlage – über den Umgang mit Risiken, Teil 1 Farbenlehre“

  1. Super Überlegungen und Rückschlüsse, welche mich zu intensivem Nachdenken angeregt haben.
    Ich bin begeistert!
    Danke!
    (Jetzt wird es für mich Zeit, das Buch nochmal intensiv zu studieren)

    Antworten
    • Liebe Frau Sadeki, Ihre Rückmeldung freut mich. Nächste Woche gibt es Teil 2 zu den „Farben der Schwäne“… dann mit drei Kernaussagen über den Umgang mit Risiken in der Geldanlage. Die Welt ist bunt… 😉
      In diesem Sinne herzliche Grüße, Hartmut Walz – Sei kein LeO!

      Antworten
  2. Hallo Herr Walz, den Gedanken mit dem Goldenen Schwan von Ihnen finde ich super klasse. Er ist so positiv und förderlich! Seit er mir das erste mal in Ihrem Entscheidenbuch begegnet ist, kommt er immer mal wieder vorbeigeschwommen. wenn auch noch nicht in Form des großen Lotto oder Aktiengewinns. An dieser Stelle vielen vielen Dank für Ihre positiven Gedanken. Alles Gute für Sie, Ihr Peter Höchst

    Antworten
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Prof. Dr. Hartmut Walz
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