Liste: §34h GewO Honorar-Finanzanlagenberater

Spieglein, Spieglein an der Wand……was läuft verkehrt in Deutschland?

GASTBEITRAG HARTMUT PETERSMANN, BENSHEIM
Spieglein, Spieglein an der Wand……was läuft verkehrt in Deutschland?

Es war einmal… ein kleiner Finanzberater, der ganz alleine auf sich gestellt, tagein, tagaus versuchte, seinen Lebensunterhalt damit zu bestreiten, Kunden zu…

 

 

…finden, diese in ihren Geldanlagefragen zu beraten, mit Produkten zu versorgen. Und der sich jeden Tag etwas Neues einfallen lassen musste, allen Ansprüchen gerecht zu werden.

Eines Tages, beim Blick in den eigenen Spiegel und mit der Frage konfrontiert, warum er unzufrieden ist, seine Kunden unzufrieden sind, seine Produktgeber unzufrieden sind und er trotz der ganzen Strampelei seinen Lebensunterhalt nur notdürftig bestreiten kann, erinnerte er sich an diesen Beitrag im Hartmut Walz Finanzblog:

Wer ehrlich zu sich selbst ist und seinen Job als Vermögens- oder Finanzberater ernst nimmt, stellt nicht die eigenen Interessen oder gar die Interessen der Produktgeber in den Vordergrund, sondern versteht sich als Finanzanwalt und stellt sich und sein Wissen, seine ganze Erfahrung in den Dienst der Interessen seiner Kunden.

Dies verschiebt die Sichtweisen, die Vorgehensweisen und das tägliche Handeln ganz erheblich. Die Frage ist dann beispielsweise nicht mehr, mit welchen Argumenten verkaufe ich dieses oder jenes Produkt, sondern vielmehr, was kann am besten dazu beitragen, den vom Kunden erhaltenen Auftrag bestmöglich zu erfüllen? Das Ergebnis wird bei Umkehr dieser Fragestellung oft ein ganz anderes sein.

 

Einfaches Beispiel – sogenannte Topseller

Warum sind Topseller bspw. unter den Fonds, die in Deutschland angeboten werden, Topseller?

Ganz einfach. Zunächst bestechen sie durch gute Performance in bestimmten Marktphasen. Wie und warum dies so war, ist zunächst ohne Belang – es kann durchaus Zufall sein, denn die Anbieter schießen mit Schrot und eröffnen eine Vielzahl an Fonds. Die Bekanntheit der Topseller steigt. Viele Gazetten berichten darüber. Die Vertriebskolonnen und das Marketing-Budget steigen. Die Bekanntheit der Topseller wächst weiter. Als nächstes gehört es schon fast zum guten Ton, dieses Produkt auch anbieten zu können. Ein stetiges Hinterfragen unterbleibt. Fertig ist der Produktverkauf. Das Image des Finanzberaters wird durch den Verkauf des bekannten Produkts aufgewertet. Es entwickelt sich eine gefährliche Identifikation mit einem Produkt. Der Kundenauftrag gerät in den Hintergrund oder gar in Vergessenheit.

 

Wir haben näher hingeschaut

Wir haben die Topseller unter den absolut modischen Produkten der Vermögensverwaltenden Fonds näher untersucht, haben uns die Risiko- und Ertragsprofile angeschaut und haben nichts weiter als die Kostenkomponente als Filterkriterium hinzugefügt.

Ergebnis: Fast kein Topseller hätte das Rennen bei diesem neuen Ranking gemacht.

Wer mehr zu diesem Thema, zu den einzelnen Ergebnissen und Auswirkungen erfahren möchte, kann sich unsere Studie in Kurzform von unserer Website runterladen.

Im Ergebnis würden die Risiko- und Ertragsprofile im Kundenportfolio ganz anders aussehen und mit einer höheren Wahrscheinlichkeit versehen sein, auch künftig dem Kundenauftrag zu dienen.

 

Konkretes Beispiel – Fondskosten

Ein sehr namhafter und bekannter Fonds einer ansonsten renommierten Firma schafft es inklusive Performancegebühren zuweilen auf über 3% Gesamtkosten p.a.. Würde man schlicht diese Gewinnbeteiligung des erfolgreichen Fondsmanagers, weswegen man eigentlich zu diesem Fonds gegriffen hat, beim Kunden anlanden lassen, wären beim Kunden wesentlich mehr als 20% Zusatzperformance angekommen. Erschwerend hinzu kommt eine unfaire und unübliche Berechnungsmethode der Gewinnbeteiligung.

Daraufhin angesprochen, spricht der Manager jedoch in der Öffentlichkeit von einer fairen Vergütung. Bei dem milliardenschweren Fonds entsprach die Vergütung für den Manager insgesamt einen dreistelligen Millionenbetrag.

 

Schlussfolgerung für unseren Märchen-Finanzberater

Beim Blick in den Spiegel hat sich unser Finanzberater gefragt, warum er dies nicht wusste, nicht gehandelt hat, nachdem er es wusste und weiter so tat, als hätte er es nicht gewusst.

Unser Märchen-Finanzberater hat nach diesen Erkenntnissen seine Sicht der Dinge geändert. Er war nicht mehr gutgläubig, sondern skeptisch, was die Aussagen der Marketingstrategen anging. Er schaute genauer und tiefer hin und investierte ein wenig Zeit in die Analyse seiner Auswahlkriterien, seiner Auswahlergebnisse und zog Konsequenzen bei der Zusammenstellung der Portfolios für seine Kunden. Er tat einfach so, als wäre es sein eigenes Geld, verbunden mit den individuell besprochenen Vorgaben seiner Kunden.

Er machte sich sogar den Spaß und addierte die durch die neuen Kriterien erzielten Kostenersparnisse für den Kunden und staunte. Er konnte alleine durch einen Blick auf die Kosten bei ansonsten gleichen Risiko- und Ertragsprofilen durchschnittlich 2% p.a. mehr erwirtschaften. Nun weiß er, dass eine wesentliche Performance-Quelle alleine der Blick auf die Kosten bedeutet. Dieses Budget kann er nun wahlweise und nach Absprache mit dem Anleger als Performance oder als zusätzliches Risikobudget für noch mehr Performance ausgeben.

Seine Kunden waren hellauf begeistert, unser Märchen-Finanzberater war sehr zufrieden, er konnte sich vor Empfehlungen kaum retten. Seine Anleger hatten das Vertrauen zurückgewonnen, das mulmige Gefühl war weg.

Dabei war ein einziger Blick in den Spiegel ausreichend, seine Sichtweise zu ändern, sein Geschäftsmodell zu ändern und hat so die vielen kleinen und großen LeOs zu echten, ernstzunehmenden Mandanten gemacht.

 

War das nun ein Märchen? Mitnichten!

Unser Märchen-Finanzberater ist in Wirklichkeit ein unabhängiger Finanzberater in Großbritannien.

Britische Anleger kaufen zwar mehr Aktien und noch mehr Immobilien als deutsche Anleger, haben aber ansonsten genau die gleichen Anforderungen und Herausforderungen an die Finanzindustrie.

Der britische Finanzberater ist dem deutschen Finanzberater allerdings den Blick in den Spiegel voraus. Er fühlt sich seinen Kunden verpflichtet und nicht den Produktanbietern. Das ist ein zentraler Unterschied.

Die Finanzindustrie in Großbritannien hat sich dort übrigens schon den Gegebenheiten angepasst: Es gibt saubere und fair kalkulierte Fonds und Finanzprodukte für den Anleger, der dort kein Leo mehr ist.

 

Und die Moral von der Geschicht`
Fragen Sie Ihren Finanzberater: Hast Du in den Spiegel geschaut – oder nicht?

 

 

Erschienen am 28. September 2018.

Der Hartmut Walz Finanzblog ist unabhängig, kosten- und werbefrei. Ich erhalte für Links und Empfehlungen keinerlei Honorar, Kick-back, Beteiligung o. ä.

 

 

 

11 Gedanken zu „Spieglein, Spieglein an der Wand……was läuft verkehrt in Deutschland?“

  1. Es sollte ein Ruck durch Deutschlands Finanzberater gehen. Viele hängen immer noch an Ihren alten Finanzprodukten fest, haben aber das neuste Handy in der Tasche und das neuste Auto in der Garage. Der Kunden will schon lange fair werden. Wenn wir es nicht machen, macht es vielleicht irgendwann Amazon oder ein anderer und der machts richtig gut. Die Zahlen von Herrn Petersmann sollten einen wachrütteln. Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. Grüße aus dem schönen Starnberg.

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    • Sehr geehrter Herr Plugmacher.

      Vielen Dank für Ihren Kommentar. Wenn die von mir beschriebenen Eingangsvoraussetzungen stimmen, bin ich persönlich „religionsfrei“, was das Thema Provisionen oder Honorare angeht. Allerdings ist es interessant zu beobachten, wie die Marktanteile der Unabhängigen in Großbritannien angestiegen sind, nachdem das Provisionsverbot eingeführt wurde…..

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  2. Sehr geehrter Herr Petersmann,
    klingt gut, ruft aber nach Beweisen.
    Frage 1 : Wie kontrollieren Sie, ob die unter Ihrem „Reputationsdach“ stehenden auch tatsächlich den von Ihnen geschilderten Ethos und die Kundenorientierung im täglichen Beratungsprozess leben. Es könnte ja sein, dass man nur das schöne Gütesiegel abgreift…
    Frage 2: Haben Sie (und falls ja wie oft) (a) einen Aufnahmekandidat abgewiesen und (b) ein Mitglied wg. Verstoß gegen Ihre Gütesiegelrietlinien als Mitglied ausgeschlossen?
    Sorry, diese Fragen müssen Sie sich respektvoll gefallen lassen, wenn Sie Glaubwürdigkeit für sich beanspruchen.
    Mit vorzüglicher Hochachtung
    M. M., München

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    • Hallo M.M.,
      ich glaube hier geht es nicht nur um das Institut, sondern vor allem um den einzelnen Berater. Wenn Sie das Buch von Prof. Dr. Walz lesen, welches ich bestens empfehlen kann, dann können Sie oder jeder die richtigen Fragen an seinem Berater stellen, oder legen Sie diesem doch einfach diesen Artikel vor. Jeder gute Berater wird Ihnen alle Fragen beantworten. P.S. Ich bin nicht Mitglied im „Petersmann-Institut“, abe reine der Vorreiter der hier beschriebenen Berater und habe es vor Ort in den USA und England nicht nur gesehen, sondern wende es auch an. Schwarze Schafe gibt es und wird es immer geben, egal unter welchem Dach oder welchem Namen sie agieren.

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    • Sehr geehrte(r) M.M. aus München.

      Ich freue mich sehr, dass Sie sich offensichtlich intensiv mit unseren Aussagen beschäftigt haben.

      Sie haben natürlich Recht mit der Annahme, dass wir bei den Kundengesprächen nicht dabei sind. Bevor wir jemanden in unseren Kreis aufnehmen, finden zahlreiche persönliche Gespräche statt. Aus diesen erkennen Sie schnell die Einstellung desjenigen zu Berufsethos und Kundenorientierung. In der Regel kommen unsere Mitglieder aufgrund von Empfehlungen aus unserem Mitgliederkreis. Danach folgt ein Aufnahmeprozess, zu dem alle Mitglieder angehört werden. Die Mitgliedschaft selbst ist dann geprägt von regelmässigen intensiven Diskussionen zu vielen verschiedenen Themen in unterschiedlichen Kompetenzzentren. Last but least ist das beste Regulativ die Gemeinschaft selbst. Selbstverständlich ist es schon häufig vorgekommen, dass man im Verlauf des beschriebenen Prozesses erkannt hat, dass man nicht zusammen kommen sollte. Insofern hat es schon viele Gelegenheiten gegeben, die Gespräche diplomatisch im Sande verlaufen zu lassen oder aber konkret formuliert zu haben, dass eine Mitgliedschaft nicht möglich ist. Ebenfalls hat es Verhaltensweisen von Mitgliedern gegeben und insofern Reaktionen unseres Instituts, welche einen Austritt nach sich gezogen haben oder in manchen Fällen auch aktive Ausschlüsse die Folge waren. In jedem Fall haben wir aber darauf geachtet, dass es für alle Beteiligten gesichtswahrend vonstatten gegangen ist.

      Ihre Frage ist natürlich berechtigt und ich habe sie gerne beantwortet.

      Herzliche Grüße nach München.

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  3. Lieber Hartmut Petersmann,
    …gerne oute ich mich als Mitglied im „Petersmann-Institut für den unabhängigen Finanzberater“ und hoffe, dass in Deutschland bald mehr Finanzberater in den Spiegel schauen und sich diese von dir gestellte Frage ehrlich und offen beantworten können! Wie du weißt, muss man aber nicht nur nach Großbritannien schauen, denn schon hierzulande gibt es (wenn auch bisher nur wenige) „Honorar-Finanzberater“, die Provisionen grundsätzlich ablehnen, vieles von dir beschriebene schon umsetzen und als Einkaufshelfer für Ihre Kunden agieren. Es bedarf aber einer noch stärkeren Finanzwende und da hoffe ich auch auf das Petersmann-Institut!
    Spieglein Spieglein an der Wand – wann unterstützt und schützt die Politik die Kunden in diesem Land?

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  4. Sehr interessant Beitrag, es fehlt leider nur noch abschließend der Hinweis das es auch in Deutschland mittlerweile Berater gibt, die exakt so arbeiten. Ich persönlich kenne viele dieser englischen Kollegen persönlich, da wir uns auch austauschen und identisch arbeiten. Jeder jr also die Möglichkeiten auf dieses Modell zu wechseln. Der Berater und der Kunde!

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  5. Ich stimme mit meinem Hintergrundwissen Herrn Petersmann absolut zu.
    Freunde in der Finanzdienstleistungsindustrie gewinnt man so aber nicht. Nun, das wird Herrn Petersmann aber klar sein…
    Und ich habe sogar eine Idee, welcher Fonds hier gemeint ist….

    Wir bräuchten mehr solche offene Menschen.
    Danke und weiter so!

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    • …manchmal muss man einfach „Nestbeschmutzer“ sein – aber das lässt sich aushalten, wenn man sich selbst im Spiegel anschauen kann!

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Prof. Dr. Hartmut Walz
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